Der Fall um „Grand
Central“ von Rebecca Zlotowski scheint einfach erklärt. Die 33jährige Französin
hat ein sehr gutes Gespür für Bilder und Töne, sie ist in der Lage einen
zeitgenössischen Film zu machen, der handwerklich und ästhetisch wenig Wünsche
offen lässt und sie bringt diesen in einem originellen und spannenden Szenario
unter. Aber dennoch fehlt dem Film etwas und das möchte ich hier als
Persönlichkeit bezeichnen.
Erzählt wird
die Geschichte von Gary Manda, der beginnt in einem Atomkraftwerk zu arbeiten.
Unter den Arbeitern lernt er die quasi-verlobte Karole kennen und die beiden
beginnen eine gefährliche Affäre. Mit Léa Seydoux und Tahar Rahim hat Zlotowski
das Liebespaar mit großen Namen des modernen französischen Kinos bestückt und
auch sonst ist die Fémis-Absolventin
nicht scheu, sich bei den internationalen Größen des Festivalkinos ästhetisch
zu bedienen. Neben Jacques Audiards und Stéphane
Fontaines Handkamera- und Cachespielereien aus „Un prophète“ haben auch Wong
Kar-Wai oder Nuri Bilge Ceylan ihre Zitate bekommen. Doch weder überträgt sich
die Energie und Direktheit von Audiard noch die Eleganz von Wong Kar-Wai auf
ihr klassisches Melodram. Vielmehr verkommt der sehr ansehnliche Film zu einer
Übung, die scheinbar keine Seele hat.
Der
spannende, an Sowjet-Dystopien erinnernde Konflikt zwischen einer ständigen Bedrohung
durch Verstrahlung und einer fatalen Liebesgeschichte wirkt niemals besser als die Tagline selbst,
alles ist etwas zu glatt, zu schön erzählt. Die Strahlung und der Sex würgen
sich nicht gegenseitig heraus, sondern werden einfach gefilmt in Schönheit und
Klarheit, aber nie in Poesie und Abhängigkeit. Zlotowski macht einen typischen
Autorenfilm ohne sich selbst einzubringen. Was ist ihre Position zu dem allem?
Ist sie neutral? Ist sie subjektiv? Wann erzählt sie vom wahrhaftigen Leben?
Demzufolge
scheinen Tahar Rahim (Neugier, wachsendes Selbstbewusstsein, Sehnsucht) und Léa
Seydoux (Nacktheit und Weinen) auch genau das zu spielen, was man von ihnen
kennt, nichts in diese Film überrascht. Dennoch macht er Spaß, weil er Geschmack
beweist. In diesem Fall ist Zlotowski eine gute Beobachterin des Weltkinos und
scheinbar eine durchschnittliche Beobachterin der Welt. Bedenkt man allerdings ihr verhältnismäßig junges Alter, dann ist "Grand Central" sicherlich ein Blick in die richtige Richtung.
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