Text:
Rainer Kienböck
Und
dann, für einen kurzen Augenblick übertönt dein Herzschlag den Ton aus den
Lautsprechern und genau in diesem Moment wird das Bild schwarz und für einen
kurzen Moment bist du dir nicht sicher, ob du nicht versehentlich die Augen
geschlossen hast – das kann nur Film.
Das geniale an Filmen ist, dass sie es
schaffen eine intime Beziehung zwischen mir, dem Zuseher, und den Charakteren
im Film herzustellen. Ein guter Film schafft es diese Intimität so weit zu
treiben, dass man sich als Teil der Filmwelt fühlt. Man ist nicht materiell
präsent – im Kino werden Schattenbilder auf eine weiße Leinwand projiziert, und
selbst die Bilder am TV-Screen sind nicht greifbar wie ein Gemälde oder eine
Skulptur – und doch besitzt Film eine intime Präsenz.
Es ist dieser Zwiespalt aus dem beinahe körperlichen Eintauchen in die Filmwelt und der unnahbaren Illusion, die Film zu meinem Lieblingsmedium macht. Eine spannende, faszinierende Ambiguität.Was führt mich zu diesen Überlegungen? Ein Film, der wieder einmal einer dieser magischen Achterbahnfahrten glich. Kein Tarkowski oder Kubrick, wo man ob der Schönheit der Bilder ins Staunen kommt, wie bei einem Gemälde, kein Hitchcock oder Spielberg, der einen durch psychologische Raffinesse in Spannung versetzt, „The Spectacular Now“, ist ein Film, der einen in seine Welt einlädt, beim Herzen packt und nicht mehr loslässt.Dann wundert man sich nicht mehr, wie Shailene Woodley als High-School-Schülerin ein Dasein als Mauerblümchen fristet, sondern man verliebt sich in ihre Augen, so wie Miles Teller in ihre Augen verliebt. Dann wundert man sich nicht über ebenjenen Teller, der eindeutig zu viel trinkt und danach eindeutig nicht mehr mit dem Auto fahren sollte, sondern man wünscht sich selbst einen Schluck aus dem Flachmann. Dann wundert man sich nicht mehr, dass Kyle Chandler (als Tellers Vater) keine Autoritätsperson in Anzug spielt, sondern ist enttäuscht, dass er ein unzuverlässiger Taugenichts ist.
Es ist dieser Zwiespalt aus dem beinahe körperlichen Eintauchen in die Filmwelt und der unnahbaren Illusion, die Film zu meinem Lieblingsmedium macht. Eine spannende, faszinierende Ambiguität.Was führt mich zu diesen Überlegungen? Ein Film, der wieder einmal einer dieser magischen Achterbahnfahrten glich. Kein Tarkowski oder Kubrick, wo man ob der Schönheit der Bilder ins Staunen kommt, wie bei einem Gemälde, kein Hitchcock oder Spielberg, der einen durch psychologische Raffinesse in Spannung versetzt, „The Spectacular Now“, ist ein Film, der einen in seine Welt einlädt, beim Herzen packt und nicht mehr loslässt.Dann wundert man sich nicht mehr, wie Shailene Woodley als High-School-Schülerin ein Dasein als Mauerblümchen fristet, sondern man verliebt sich in ihre Augen, so wie Miles Teller in ihre Augen verliebt. Dann wundert man sich nicht über ebenjenen Teller, der eindeutig zu viel trinkt und danach eindeutig nicht mehr mit dem Auto fahren sollte, sondern man wünscht sich selbst einen Schluck aus dem Flachmann. Dann wundert man sich nicht mehr, dass Kyle Chandler (als Tellers Vater) keine Autoritätsperson in Anzug spielt, sondern ist enttäuscht, dass er ein unzuverlässiger Taugenichts ist.
Es scheint so, als ob die vielgescholtene
amerikanische Kinolandschaft abseits des allerschlimmsten Mainstreams, Jahr für
Jahr zumindest eines dieser magischen Coming-of-age Dramen produziert. Letztes
Jahr war es „The Perks of Being a Wallflower“,
dieses Jahr ist es „The Spectacular Now“. Ich denke diese Filme sind nicht
universell und ich fürchte die Zeit, in der ich aus der Thematik hinauswachse,
aber für den Moment ist dieses Genre wohl jenes, dass am beständigsten diese
magischen Achterbahnfahrten hervorbringt.Im Zeitalter der Postmoderne in dem
wir uns befinden, hat sich das Neuzusammenfügen von altbekannten Elementen zur
gängigen Kulturpraxis entwickelt und gerade Coming-of-age Storys kauen wieder
und wieder die gleichen Sujets durch. „The Spectacular Now“ ist da keine Ausnahme – von der ersten bis zur letzten Szene kann
man zu Recht behaupten, dass hier bloß eine altbekannte Formel heruntergeleiert
wird. Wenn man das tut, hat man aber einen der besten Filme des Jahres
verpasst, und sich bewusst dagegen gewehrt, sich von der atemberaubenden Chemie
der beiden jungen Hauptdarsteller verzaubern zu lassen.
Der 18-jährige Sutter Keely (Miles Teller) wird
von seiner Freundin verlassen, und trifft nach einem kurzen Tief Aimee, ein
„hässliches Entlein“ (dass Woodley als Außenseiter nur wenig glaubwürdig ist,
habe ich schon erwähnt, die Inszenierung macht aber deutlich, welche Rolle sie
auszufüllen hat), und macht es sich zur Aufgabe, deren innere Schönheit nach
außen zu kehren. Dass die Beweggründe für Sutters Verhalten unklar bleiben kann
als interessante Abwechslung gewertet werden. Weder verliebt er sich beim
ersten Blick in sie, noch wettet er mit seinen Kumpels – er kommt ganz einfach
mit ihr ins Gespräch und findet sie sympathisch. Natürlich verlieben sie sich,
so viel darf verraten werden, und während sie beide mit familiären Problemen
kämpfen und ihre Zukunft am College planen braut sich ein genre-typisches,
furchtbar melodramatisches, furchtbar schönes, Ende zusammen.
Worum es geht ist also in einem kurzen
Absatz abgehandelt, die Charaktere sind auch nicht wirklich komplex. Sutter ist
ein cooler Partyhengst mit einem angehenden Alkoholproblem, seine Mutter
alleinerziehend und selten zu Hause. Aimee ist Mangaliebhaberin, Bücherwurm und
Einserschülerin. Sutters Exfreundin ist Cheerleaderin und nun mit dem besten
Sportler der Schule zusammen. Sie alle sind liebenswert, aber nicht gerade
komplex oder neu – die Charaktere eines John Hughes waren in dieser Hinsicht
besser geschrieben.Aber die Chemie zwischen Teller und Woodley hält den Film zusammen.
Regisseur James Ponsoldt hat unglaubliche Performances aus seinen
Hauptdarstellern herausgepresst. „The Spectacular Now“ zeigt wozu zurückhaltende Hollywood-Ästhetik und solide Dialoge
fähig sind. Das Endresultat ist auf jeden Fall spektakulär. Aus so viel Ramsch
und Mittelmaß ein so tolles Gesamtergebnis zu schneidern zeugt von Talent und
Verständnis für die Materie.
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