Donnerstag, 10. Januar 2013

Frühling, Sommer, Herbst, Winter…und Frühling von Kim Ki-Duk



Ein Film, der durchgehend den spirituellen Atem seiner Umgebung aufzusaugen scheint, der die Natur betont und das Menschsein thematisiert in einer Weise, die gleichzeitig den ungeschönten Lehren eines religiösen Meisters und den unschuldigen Fehlern seines Schülers entspricht. Am Anfang und am Ende stehen immer Wege durch Türen, der versperrte Blick und der offene Blick. Vieles dabei ist religiös angehaucht; Kim Ki-Duk findet malerische Bilder für buddhistische Weisheiten, die er in existentiellen Geschichten vom Leben erzählt.


Der Film materialisiert Schuld: Mit einem Stein. Unbarmherzig bleibt der Stein an jedem hängen, der Schuld auf sich gezogen hat. Man wird ihn nicht los. Es scheinen kleine Lebensweisheiten zu sein, die hier weniger aneinandergereiht wirken, als dass sie in einem Kreis angeordnet sind. Ein Lebenslauf, der kein Ende zu nehmen scheint und sich doch verändert. Eine Gottheit, die alles überblickt. Die Kamera scheint eine eigene Macht darzustellen in den Bildern, die Macht der sich veränderten Natur. Im Frühling sieht es eben anders aus, als im Winter könnte man sagen. Und doch wird es wieder Frühling sein. Dabei wird kaum ein Wort gesprochen. Der Film versteht sich in stummen Gesten und Blicken, in den Taten und im Beobachten der Taten. Vom ersten Bild an lebt der Mensch, lebt der Film in seiner Umwelt. Erstaunlich dabei ist, wie einfach diese Welt gezeigt wird. Man versteht mehr über die Menschen, wenn man sie isoliert beziehungsweise wenn man sich isoliert.

 

Gleichzeitig ist Kim Ki-Duk, aber auch Provokateur; ein Provokateur, der in diesem Film für seine Verhältnisse sanft den moralischen Zeigefinger hebt. Der unerbittlich Gewalt und Versuchung zeigt und menschliche Schwäche offenbart. Für ihn besteht die Rohheit der Natur eben darin, dass er sie auch in ihrer ganzen Rohheit einfängt. Dabei geht es in „Frühling, Sommer, Herbst, Winter…und Frühling“ noch weitaus harmloser zu, als in anderen Werken des südkoreanischen Regisseurs, wie zum Beispiel „Bad Guy“ oder auch „Samaria“.



Asiatische Filme entziehen sich uns Europäern oft einem tieferen Verständnis. Die symbolische Bildsprache und kulturellen oder religiösen Verwurzelungen erschließen sich uns oft nicht völlig, selbst, wenn wir sie erklärt bekommen. Dennoch haben sie häufig sinnliche und cineastische Qualitäten, die uns in einen ganz besonderen Genuss bringen, das Fremde mag uns sogar noch mehr in den Bann zu ziehen, als das Bekannte. Gewissermaßen werden wir gezwungen die Bilder zu lesen, weil wir uns nicht erlauben können sie einfach nur anzuschauen. Asiatische Regisseure arbeiten aber auch oft mit mehrdeutigen Bildern. Ein Stein ist hier eben mehr als ein Stein. Das ist dann die Qualität des asiatischen Kinos, die jenen verborgen bleibt, die vergessen, dass Unterhaltung mit Geduld kommen kann.

Eine Schande dagegen, dass die letzte Szene des Films aus Jugendschutzgründen in großen Teilen Europas und auch in Deutschland herausgeschnitten wurde. Tierquälerei heißt es als Begründung. Schnittberichte.de weiß dazu mehr.



Es sind die kleinen Bilder, die einen nicht aus dem Kopf gehen wollen. Ein metallener Fisch, der als Glocke am Dach der Floß-Klause hängt. Allein die Tatsache, dass dieses Haus sich über das Wasser bewegt. Poesie und Filmkunst verschmelzen hier zu einer Einheit. Die Töne, die Musik, alles bietet ein hypnotisches Ganzes. Einstellungen kehren als eigenständige Motive wieder. Die gleichen Bilder durchziehen den Film ohne sich wirklich zu wiederholen. Die Personen haben sich verändert. Oder das Wetter. Dabei schwebt der Film immer leicht über das Wasser, verliert aber niemals seine Bodenhaftung und seinen Bezug zur Realität des Lebens. Egal, wo man sich auf der Welt befindet.




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