Ein Film, der durchgehend den spirituellen Atem seiner
Umgebung aufzusaugen scheint, der die Natur betont und das Menschsein
thematisiert in einer Weise, die gleichzeitig den ungeschönten Lehren eines
religiösen Meisters und den unschuldigen Fehlern seines Schülers entspricht. Am
Anfang und am Ende stehen immer Wege durch Türen, der versperrte Blick und der
offene Blick. Vieles dabei ist religiös angehaucht; Kim Ki-Duk findet
malerische Bilder für buddhistische Weisheiten, die er in existentiellen
Geschichten vom Leben erzählt.
Der Film materialisiert Schuld: Mit einem Stein. Unbarmherzig
bleibt der Stein an jedem hängen, der Schuld auf sich gezogen hat. Man wird ihn
nicht los. Es scheinen kleine Lebensweisheiten zu sein, die hier weniger
aneinandergereiht wirken, als dass sie in einem Kreis angeordnet sind. Ein
Lebenslauf, der kein Ende zu nehmen scheint und sich doch verändert. Eine
Gottheit, die alles überblickt. Die Kamera scheint eine eigene Macht
darzustellen in den Bildern, die Macht der sich veränderten Natur. Im Frühling
sieht es eben anders aus, als im Winter könnte man sagen. Und doch wird es
wieder Frühling sein. Dabei wird kaum ein Wort gesprochen. Der Film versteht
sich in stummen Gesten und Blicken, in den Taten und im Beobachten der Taten.
Vom ersten Bild an lebt der Mensch, lebt der Film in seiner Umwelt. Erstaunlich
dabei ist, wie einfach diese Welt gezeigt wird. Man versteht mehr über die
Menschen, wenn man sie isoliert beziehungsweise wenn man sich isoliert.
Gleichzeitig ist Kim Ki-Duk, aber auch Provokateur; ein
Provokateur, der in diesem Film für seine Verhältnisse sanft den moralischen
Zeigefinger hebt. Der unerbittlich Gewalt und Versuchung zeigt und menschliche
Schwäche offenbart. Für ihn besteht die Rohheit der Natur eben darin, dass er
sie auch in ihrer ganzen Rohheit einfängt. Dabei geht es in „Frühling, Sommer,
Herbst, Winter…und Frühling“ noch weitaus harmloser zu, als in anderen Werken
des südkoreanischen Regisseurs, wie zum Beispiel „Bad Guy“ oder auch „Samaria“.
Asiatische Filme entziehen sich uns Europäern oft einem
tieferen Verständnis. Die symbolische Bildsprache und kulturellen oder
religiösen Verwurzelungen erschließen sich uns oft nicht völlig, selbst, wenn
wir sie erklärt bekommen. Dennoch haben sie häufig sinnliche und cineastische
Qualitäten, die uns in einen ganz besonderen Genuss bringen, das Fremde mag uns
sogar noch mehr in den Bann zu ziehen, als das Bekannte. Gewissermaßen werden
wir gezwungen die Bilder zu lesen, weil wir uns nicht erlauben können sie
einfach nur anzuschauen. Asiatische Regisseure arbeiten aber auch oft mit
mehrdeutigen Bildern. Ein Stein ist hier eben mehr als ein Stein. Das ist dann
die Qualität des asiatischen Kinos, die jenen verborgen bleibt, die vergessen,
dass Unterhaltung mit Geduld kommen kann.
Eine Schande dagegen, dass die letzte Szene des Films aus
Jugendschutzgründen in großen Teilen Europas und auch in Deutschland
herausgeschnitten wurde. Tierquälerei heißt es als Begründung.
Schnittberichte.de weiß dazu mehr.
Es sind die kleinen Bilder, die einen nicht aus dem Kopf
gehen wollen. Ein metallener Fisch, der als Glocke am Dach der Floß-Klause
hängt. Allein die Tatsache, dass dieses Haus sich über das Wasser bewegt.
Poesie und Filmkunst verschmelzen hier zu einer Einheit. Die Töne, die Musik,
alles bietet ein hypnotisches Ganzes. Einstellungen kehren als eigenständige
Motive wieder. Die gleichen Bilder durchziehen den Film ohne sich wirklich zu
wiederholen. Die Personen haben sich verändert. Oder das Wetter. Dabei schwebt
der Film immer leicht über das Wasser, verliert aber niemals seine Bodenhaftung
und seinen Bezug zur Realität des Lebens. Egal, wo man sich auf der Welt
befindet.
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