The next time that I caught my own reflection, it was
on its way to meet you thinkin' of excuses to postpone
Die Welt in
Chantal Akermans „Les rendez-vous d’Anna“ fliegt hinter Fenstern vorbei, wirkt
unecht und kalt. Akermans Blick auf diese europäische Welt in den 70er Jahren
ist jener ihrer Protagonistin Anna. Anna ist eine Filmemacherin, die von Stadt
zu Stadt reist, um ihre Filme zu zeigen und sich in unpersönliche Umgebung
selbst lange der Unpersönlichkeit hingegeben hat. Zusammen mit ihr treffen wir
auf verlorene Seelen von Männern und Frauen, schnelle und einsame Beziehungen. „Les
rendez-vous d’Anna“ ist ein Road-Movie, indem nicht die Bewegung der
Protagonistin zählt, sondern jene um sie herum. Der häufige Blick durch Fenster von Hotelzimmer
oder Zügen spiegelt sich in den glasigen Augen von Anna, die nie wirklich am
Ort zu sein scheinen, sondern eine nach innen gewandte Sehnsucht verkörpern,
die mit jeder neuen Begegnung weiter abstirbt. Wenn Anna, die von der
wundervollen, sinnlich-kühlen Aurore Clément verkörpert wird, lächelt, dann ist
das nur ein warmer Windstoß im Schneetreiben.
Akerman
erforscht in einer persönlichen Haltung Identitäten. Sie geht nicht von einer
Idee aus, sondern von sich selbst. Dabei erzählt sie fast beiläufig auch von
einer deutschen Identität, einer Selbstdarstellung. Der fremde Blick auf das
Land ist ein verfremdeter, aber er blickt tatsächlich auf das Land. Auf die
oberflächlichen Tulpendekorationen der 70er Jahre, auf die Vorstädte, die wie
Außenbezirke wirken, auf den Kampf einiger Deutschen mit ihren eigenen
Identitäten, mit ihrem Verständnis von Freiheit und rassistischen
Überbleibseln. Dabei bewahrt sie eine Statik, die Machtlosigkeit und Passivität
ausdrückt. Sowohl persönlich, als auch bezogen auf Anna und die Gesellschaft,
in der sie lebt. Das Leben in „Les rendez-vous d’Anna“ geschieht einfach. Dadurch
etabliert sich ein Gefühl melancholischer Klaustrophobie, ein Zerfließen der
Welt in tableauartigen Gefängnissen, das an das Driften der Monica Vitti in „L’eclisse“
oder Yusuf in Ceylans „Uzak“ erinnern. Ein trauriger Film, weil er wahr ist.
Ähnlich
verhält es sich mit den zahlreichen Begegnungen und Beziehungen. Der One-Night
Stand ist für Anna eine unbefriedigende Methode, Langweile zu bekämpfen. So wie
alles zwischen den leeren Hotelschränken, den geschäftlichen Anrufen und den
langen Reisen. Immer wieder geht Anna apathisch durch Innenräume. Sie bleibt an
kleinen Objekten, kurzen Momenten hängen, aber nie entsteht ein Feuer in ihr.
Wie sollte es auch? Man muss an die erste Hälfte von Sofia Coppolas „Lost in
Translation“ denken. Das Leben in Hotels, die oberflächlichen Gespräche. Der
Film fragt ganz bewusst danach, was Freiheit ist. Akerman blickt auf das
Künstlerleben als Ohnmacht. Sie tunkt diese Ohnmacht und grüne und blaue Töne,
eine sich in schmalen Lichtern auflösende Nacht, in der Halbtotalen nie weit
genug weg sind, um zu verstehen, aber auch nie nah genug sind, um zu fühlen.
Der Schrei nach der Berührung, der Wille zum Leben sind erstickt. Einer ihrer
Liebhaber meint, dass es lange her gewesen wäre, seit er in die Nacht geblickt
hätte. Anna macht eigentlich nichts anderes. Und Akerman platziert sie immer
wieder hinter Glaswänden, durch Fenster hindurch, um die Isolation weiter zu
betonen.
Das
Versprechen von Selbstverwirklichung und Freiheit ist Geschichte. Die
Filmemacherin vermag ihre Welt nicht mehr berühren, sie lebt in Isolation, sie
steckt eigentlich fest in ihrer eigenen Grammatik, ihrer Filmsprache. Das
versuchte Ausbrechen, die Körperlichkeit, die Berührung, das alles kann nur
wieder Teil des Denkens, der subjektiven Wahrnehmung und damit des Filmemachens
sein. Allerdings ist „Les rendez-vous d’Anna“ nicht nur ein Film über eine
Filmemacherin, sondern über einen Menschen, der das Leben weder gefunden hat,
noch sucht. In jedes Bild schreibt Akerman dieses Gefühl in einem großen Film.
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