D. und H.
ein Künstlerpaar in einem Künstlerhaus: Joanna Hogg beleuchtet in ihrem
neuesten Film mit einer fast beängstigenden und verachtenden Kühle eine
Beziehung in einem eigenwilligen Stück Architektur. Dabei treten die beiden
Figuren und das Haus in einen Dialog, der sich zwischen sexuellen Entladungen,
fehlender Kommunikation und Angst vor Liebe und Hass abspielt und immer alle
drei Beziehungsteilnehmer betrifft. Die Beziehung hängt und stirbt am Ort, an
dem sie gelebt wird. Wir treffen D. und H. als sie gerade überlegen das Haus
nach 18 Jahren aufzugeben. Ihre Kinderlosigkeit und ein nicht näher
diskutiertes Ereignis in der Vergangenheit drücken auf die Beziehung, die sich
immer wieder fängt, um weiter zu fallen.
Die kleinen
Beobachtungen der schwindenden Gefühle zwischen Arbeit und Lust, Langeweile und
stillem Drama sind die große Stärke von Hogg, die in diesem persönlichen
Kammerspiel eine Kino-Psychologie zeichnet, die weit über ein bloßes Drehbuch
hinausgeht. Damit ist gemeint, dass sich das Verhalten der Figuren immer zuerst
auf ihre Lebensumstände und ihre Umgebung bezieht und erst in einem zweiten
Schritt einer äußerst offenen Narration folgt.
Im Kern des
Films steht wohl die titelgebende „Exhibition“. Das Haus mit seinen riesigen
Fensterfassaden ist gleichermaßen eine lichtdurchflutete Aussichtsplattform
(die auch durchaus für voyeuristische Überwachungen genutzt wird) und ein
Ausstellungsraum, der vor allem für D., die als Performance-Künstlerin arbeitet,
zur Versuchung wird. In den statischen Einstellungen zeichnet sich (wie häufig
schon bemerkt wurde) in Verbindung mit der modernen Architektur eine
Bildsprache, die an Michelangelo Antonioni erinnert ab. Ähnlich wie der
italienische Meister folgt Hogg auch einem strengen Formalismus, der immer
zugleich den Blick/das Kino und die Figuren im Auge behält. Reflektionen und
der Blick aus dem Fenster widersprechen sich hier nicht, sie werden zu einem
Bild, weil die Spiegelung immer im Fenster erscheint.
Erstaunlich
oder bezeichnend, dass innerhalb der Beziehung nur wenig nach außen getragen
wird. D. kann ihre künstlerischen Tätigkeiten nicht mit ihrem Mann teilen, H.
kann seine Gefühle nicht mitteilen. Es entsteht eine Leere und
Kommunikationslosigkeit. In einer sehr selbstreflexiven Geste inszeniert Hogg
ein Publikumsgespräch im Kino zwischen den Partner, dem D. zu allem Überfluss
auch selbst als Zuseher beiwohnt.
Hogg hat ihr
Ehepaar mit Viv Albertine und Liam Gillick besetzt, zwei Menschen, die durchaus
schon vor Kameras gestanden haben, aber noch nie in einem Film gespielt haben. Ihre
Nähe zum Haus und untereinander belebt den Film, gibt ihm seine zärtlichen und
einsamen Momente. Es ist erstaunlich wie nahe und abgenutzt die beiden in
dieser Konstellation wirken. Hogg hat sie sechs Wochen lang während der
Drehzeit tatsächlich im Haus leben lassen. Dieses wurde zum Teil vom
Architekten James Melvin gestaltet, dem der Film gewidmet ist.
Außengeräusche
und Geräusche im Haus werden äußerst sorgfältig eingesetzt. D. und H.
telefonieren, um sich im Haus zu verständigen und wohl auch, um sich nicht bei
der Arbeit zu stören. Nach jedem Telefonat hört D. wie H. im Zimmer über ihr
Möbel verrutscht oder sich bewegt. Es ist ein Ächzen des Hauses, das als
letzter Schrei des Partners zu vernehmen ist. Jenem Haus wendet sich D. auch
sexuell zu. Sie versucht mit Hilfe ihres Stuhls etwas zu spüren, sie umarmt die
eckigen Wände, sie reibt ihren Körper an den Jalousien. Hier treffen sich
Symbolismus und Performance, vielleicht etwas gewollt, nie aber unnötig. Ein
plötzliches Aufheulen eines Motors in der Nacht ist immer zugleich
naturalistisch und ein Effekt.
Jener
Naturalismus des Films entpuppt sich als lange entfremdet. Dunkelheit und Stille werden gefolgt von
plötzlicher Helligkeit und Lärm. Jeder Gegenschuss kommt aus dem Hinterhalt.
Die Versuchung ist immer zugleich ihr Absterben und im Absterben entsteht schon
der nächste Funken Hoffnung in einer leeren Seele, die sich Beziehung nennt, in
einer leeren Hülle, die sich Haus nennt. Plötzlich gibt es eine Zeitlupe, Musik
und einen Männer, die Feuer speien. Ob dabei Glas vor den Figuren ist oder
nicht ist gar nicht mehr entscheidend, weil dafür ist „Exhibition“ zu sehr
Film.
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