Es stand “Two Cabins” in mattem Weiß auf dem quietschenden Boden. James Benning lehrt Sehen. Ich stehe in der Mitte einer dieser „Two Cabins“. Es gibt zwei Fenster. Eines ist Frühling, eines ist Winter. Es schneit. Es schneit noch woanders im Raum. Ein Holzpult und in der Ferne ist ein digitaler Güterzug zu hören. Da steht als ein Holzpult auf eines der digitalen Fenster gerichtet und vor dem anderen Fenster steht eine alte Schreibmaschine. Ich spüre den Druck künstlerischen Schaffens, die Ablenkung. Es schneit auch noch in einem anderen Raum. Zitate von Hitler, mathematische Formeln, um die Welt zu verstehen. Ich frage mich nach dem Problem der Repräsentation. Wie ist es Jesus zu filmen? Wie ist es einen Zug zu filmen? Wo ist der Unterschied. Pflicht und Inspiration prallen in den „Two Cabins“ aufeinander. Ich will schreiben, filmen, reden, ich muss schreiben, filmen, reden.
Woanders ist es lediglich Licht. Licht von außen, keine Chance
hinaus zu sehen, hinaus zu gehen. James Benning fokussiert mich. Es sind die
nachgebauten Hütten von Henry David Thoreau und Ted Kaczynski. Ich baue eine
Briefbombe und pflanze sie in meinen Film. Wie sieht es in einem Mörder aus?
Das fragt sich Benning auch in „Landscape Suicide“. Die Faszination am
Unvorstellbaren, am beiläufigen Mord, am Auslöschen von Leben. Strukturelles
Kino, um die Sprache zu gewinnen in der Sprachlosigkeit. In „Data Entry“ tippen
Finger in einer endlosschleife Ziffern in einen Computer, der Versuch zu
verstehen, das Kino verstehen oder die Welt? In meinem nun fertiggestellten
Kurzfilm „Es ist mehr ein Gefühl“ heißt es „Irgendwo rattert ein Zug vorbei…“,
dieses Gefühl von Beiläufigkeit und Dringlichkeit im gleichen Atemzug ist für
mich immer Kino gewesen und ich finde es im Rahmen einer Ausstellung, „Decoding
Fear“ von James Benning im Kunsthaus Graz, einen Tag bevor ich dort am letzten
Tag der Diagonale „Landscape Suicide“ begegne. Ja, und es rattern zwei Züge
vorbei, manchmal keiner, denn Benning positioniert zwei Leinwände direkt
gegenübergestellt. Einer wird digital von einem Beamer bespielt, mit einem wuchtigen
Sound, die andere wird von 16mm und einem wackeligen Projektor getragen. Ich
habe Angst, dass „BNSF“ und das digitale Treiben die flimmernden Bilder von „RR“
überfahren, ich sitze dort und irgendwas nähert sich mir, es kommt mir sehr nahe.
Ich denke an „Snowblind“ von Hollis Frampton und denke gleich wieder an etwas
anderes. Fokus macht blind. Irgendwo habe ich Schnee gesehen.
Wo wohnen wir im Kino? Wo wohnen wir, im Kino? Wo
im Kino wohnen wir? Ich muss nochmal zurück zu den beiden projizierten
Fenstern. Ihre Aussicht wirkt bedrohlich und beruhigend. Plötzlich erkenne ich
einen hängenden Mann an einem der Bäume. Das Bild verändert sich, ich bin in
meinem eigenen „Blow-Up“ und jemand sagt mir, dass das alles Müll ist, ein Film
müsse nicht die Welt verändern, man sagt das, also ein Film müsse nicht die
Welt verändern. Ich denke an Pier Paolo Pasolini und frage mich wie es ist
Jesus zu filmen. Die Landschaft bei Benning ist Gewalt. Wie hätte er Jesus
gefilmt? Oder Stalin? Ich glaube Albert Serra hat sich das auch mal gefragt.
Wie kann man Albert Serra filmen? Benning spricht auch auf der Diagonale. Er
würde Sehen lehren. Er tut es. Er kehrt jener Gesellschaft den Rücken zu, die
er betrachtet. Der Fortschritt ist in seinen Augen nur ein Schritt. Also
zumindest nehme ich das mit. Wie kommt aber nun die Landschaft ins Kino? Film
könnte wie ein Zug durch die Landschaft fahren, aber welche Landschaften gibt
es noch? Der User Mark mit einem schönem Review zu „Landscape Suicide“ auf
mubi: „Fuck“. Ich bin zutiefst bewegt.
Wenn man sich Benning nach dem Prinzip der freien, indirekten Rede von Pasolini annähert,
wird man ins Träumen geraten und erkennen können, wo im Kino man wohnt. Draußen scheint vielleicht die Sonne.
Wenn man sich Benning nach dem Prinzip der freien, indirekten Rede von Pasolini annähert,
wird man ins Träumen geraten und erkennen können, wo im Kino man wohnt. Draußen scheint vielleicht die Sonne.
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