Im Rahmen des Hamburger Filmfests habe ich mich mit den
beiden österreichischen Künstlern Florian Sedmak (F) und Anatol Bogendorfer (A)
auf ein längeres und äußerst sympathisches Gespräch zu ihrem Film „Innere
Blutungen“ getroffen, der dieses Jahr das Crossing Europe Festival in Linz
eröffnet hat. In ihrem Film mischen sie in einer hypnotisierenden Weise Super-8
Found Footage und vorgelesene Zeitungsartikel aus den Jahren 1965-1975 und
zeichnen damit zugleich ein bedrohliches Bild österreichischer Vergangenheit,
als auch ein heimisches. Am Ende steht ein faszinierender Film, der sich ganz
fest im österreichischen Filmschaffen zwischen Found Footage Romantik und dem
seidlschen Erniedrigungskino etabliert und definitiv sehenswert ist.
So, schalten wir mal
dieses Gerät ein…
A:
Soundcheck 2,3, Pegel passt.
F: 5,7,9,3.
Passt. Das Bild, das
mir seit dem Screening eures Films nicht mehr aus dem Kopf geht, ist das Bild
dieses menschlichen Körpers, der über einem Dorf schwebt. Was ist das für ein
Bild und woher habt ihr das?
F: Das haben wir von einem Freund von mir. Das ist er im
Alter von 8 oder 9 Jahren im Freibad von Bad Goisern, wie er vom Sprungturm
springt. Sein Vater hat ihn fotografiert und ihn halt so erwischt, dass das
Becken unten abgeschnitten ist. Ich finde auch, dass da etwas Magisches isst.
Das alte Haus, die Berge im Hintergrund. Das war ja auch die erste Phase, erst mal
Bildmaterial für das Vorhaben aufzutreiben. Das lief alles nach dem Motto:
Grabe, wo du stehst. Ich habe einfach im Bekanntenkreis gefragt, ob ich für den
besagten Zeitraum (1965-1975) privates Fotomaterial haben kann. Zu genau dem
Bild gibt es auch eine kleine Anekdote. Meine Angst war ja immer so ein
bisschen, dass das Publikum nicht versteht, dass die handelnden Personen auf
der Leinwand mit denen im Text nichts zu tun haben, sondern dass das nur
assoziative Zusammenhänge sind. Und ganz kurz bevor der Film dann zum ersten
Mal in meiner Geburtsstadt Bad Ischl gezeigt wurde, hat der Vater des Protagonisten
bei mir angerufen. Er war ganz aufgebracht und wollte wissen, wo das Foto her
ist. Er hatte es in einer Zeitung gesehen und ist dann extra dafür in die
Redaktion gefahren und hat gefragt, woher sie das Foto haben. Er konnte sich
das nicht erklären, wie ein Foto, das er vor 40 Jahren aufgenommen hat,
plötzlich in die Zeitung kommt. Die Zeitung hat ihn dann an mich verwiesen und
es kam raus, dass sein Sohn ihm gar nichts davon erzählt hatte. Da wurde mir
klar, dass mir der Sohn vier Fotoalben seiner Familie in die Hand gedrückt hatte,
ohne irgendwem einen Ton darüber zu sagen. Da wird man natürlich nervös, ob
noch mehr Tretminen im Film lauern. Aber bis jetzt kam nichts mehr in diese
Richtung.
Wie genau seid ihr an
das ganze Material gekommen und wie viel war es?
A: Was die Bildebene betrifft, war es eine lange Suche. Wir
haben mit Fotos begonnen. Zunächst haben wir eben den Bekanntenkreis
durchforstet, später haben wir dann Archive durchgraben. Relativ bald haben wir
uns dazu entschieden nicht ausschließlich mit Fotos zu arbeiten, sondern auch mit
Bewegtbild, weil die 60er und 70er Jahre gewissermaßen die Hochzeit der
Hobbyfilmer auf Super-8 waren. Also haben wir begonnen Anzeigen zu schalten
national und auch über die Grenzen hinaus. Wichtig war uns, dass es sich
ausschließlich um Amateurmaterial handelt. Unser Gefühl war, dass wir mit
Amateurmaterial näher an die Materie rankommen, also einfach diese
Alltäglichkeit jener Zeit zu zeigen. Die Suche hat sich dann bis in die Montage
fortgesetzt, insgesamt über 2,5 Jahre. Das Textmaterial gibt es dann ja auch
noch. Dazu ist erst mal zu sagen, dass das alles true stories sind aus der
regionalen Zeitung. Dort hat der Florian auch mal ein Praktikum gemacht.
F: Ja, eine freie Mitarbeit. Ich bin dann immer wieder ins
Archiv der Stadtgemeinde gegangen und habe 11 Jahrgänge der Zeitung
durchgeackert, habe einfach alles herausgeschrieben, was mir aus diversen
Gründen interessant schien. Sei es wegen einer spektakulären Begebenheit, sei
es eine unfreiwillige Komik in der Sprache, sei es eine gewisse Aussagekraft
für die Zeit, die ich dahinter vermutet habe. Manchmal haben wir ja auch das
Kinoprogramm im Film mit dieser komischen Mischung aus Western, Softpornos und
anderen Filmen. 200 Seiten Textmaterial und 2700 digitalisierte Fotos und 250
Stunden Super-8 Filmmaterial waren das ungefähr.
Und nach welchen
Kriterien habt ihr dann die Bilder ausgewählt, die zum jeweiligen Text
erscheinen? Ich habe manchmal thematische Blöcke bemerkt, wie beispielsweise „Fußball“…aber
wie seid ihr da vorgegangen?
A: Es gab kein Drehbuch, keine Shotlist oder so. Wir haben
über 1,5 Jahre einfach eine Experimentierphase gehabt, in der wir nach einer sinnvollen
Montage gesucht haben, ohne dass das zu offensichtlich und platt wirken würde. Nach
dieser Phase hatten wir dann einen roten Faden gefunden. Wir haben
kontrapunktisch gearbeitet und versucht einen Dialog zwischen Bild und Text
herzustellen, der sich mehr ergänzt als aufeinander passt. Also Dinge sind zu
hören, die nicht zu sehen sind oder umgekehrt. So können vielleicht in der Kombination
Dinge aufgemacht werden, von denen beide Elemente einzeln gar nicht sprechen
würden. Natürlich haben wir dann immer wieder versucht das zu brechen, es gibt
eben auch konkretere Blöcke wie zum Beispiel „Fußball.“. Damit haben wir auch
versucht zeitliche Querverbindungen herzustellen, wie etwa die
Fußballweltmeisterschaft 1966 in England.
F: Für mich ist ein spannender Aspekt der Recherche auch
noch gewesen, wie die kleine regionale Geschichte dann auch immer wieder mit
der großen Geschichte verzahnt ist. Da gibt es für mich sehr aussagekräftige
Bilder. Zum Beispiel eine Ikone der österreichischen Innenpolitik,
Bundeskanzler Kreisky, der ja eine ganze Ära in Österreich geprägt hat, ist mit
Frau und Trachtenfrauen auf einem Bild zu sehen und es gibt ein Plakat von
einem Begehren die 40-Stunden-Woche zu unterstützen. Oder ich habe
herausgefunden, dass eine Schülerin der Schule, die ich besucht habe zur ersten
Generation der RAF in Deutschland gehörte und so weiter. Das waren für uns
natürlich auch persönlich ganz aufschlussreiche Aspekte der Recherche.
Mir hat dieses
Zusammenspiel von Bild und Ton außergewöhnlich gut gefallen und dann hatte ich
auch immer dieses Gefühl einer Fluchtbewegung; es war ja nicht nur „Fußball“,
es gab auch mal „Urlaub“ und immer wieder Elemente von außen, die in die
Gesellschaft hereinkommen. Für mich hat sich dadurch Eskapismus, eine Suche
nach Auswegen erzählt. Die Leute wollen raus aus der Mitte Österreichs. Und am
Ende mit dem Selbstmord kulminiert das dann. War das ein bewusster Gedanke oder
ist das nur meine Interpretation?
A: Ich finde es eine gute Interpretation, ich müsste darüber
nachdenken. Ob es da tatsächlich Eskapismus gab, wüsste ich nicht, aber wir
waren eben nicht nur auf der Suche nach dem Spektakulären. Sondern es ging
darum das ganz Alltägliche einzufangen. Deswegen eben auch die Amateurbilder.
Es hätte auch schon ambitioniertere Hobbyfilmer gegeben, aber das hat uns nicht
interessiert. Mir haben die Hobbyfilmer gefallen, die noch so gefilmt haben,
wie man eigentlich fotografiert. Man sieht das auch an den Protagonisten, die
wissen zum Teil gar nicht, was dieses Gerät vor ihnen ist. Da sind uns
natürlich Schätze zugefallen. Wir haben ganz bewusst nach Material gesucht, das
vielleicht für die Geschichte per se unwichtig ist, das aber etwas in
Kombination mit dem Text erzählen könnte, obwohl die Bilder hässlich,
verwackelt und dreckig sind. Der Dreck auf dem Film steht für mich metaphorisch
auch dafür, dass wir versucht haben einen gesellschaftlichen Dreck unter dem Teppich
hervorzuholen.
F: Ich finde die Interpretation auch sehr interessant. Ich denke,
dass der Film auch die Geschichte einer ganz zögerlichen, ängstlichen Öffnung
ist. Da gibt es zum Beispiel die Frage: Was ist ein Folk Beat? Im örtlichen
Kino tritt plötzlich eine Folk Beat Band auf und dann kommt dieser
hochkulturelle Kritiker und bespricht das nach Maßstäben, die dort überhaupt
nicht greifen. Und so gibt es immer wieder Episoden im Film, die etwas Neues in
diese Welt werfen und man weiß dann nicht, inwiefern man es begrüßen darf, wie sehr
man sich davor fürchten muss. Da hat sich eben der Aktionsradius für die
Bevölkerung erweitert. Die Zeit der ersten Italienurlaube war da ja schon
vorbei, das war schon normal, aber man hat dann begonnen schon ein bisschen
weiter zu reisen.
Würdet ihr euren Film
als Gesellschaftsanalyse verstehen?
F: Analyse ist vielleicht zu weit gegriffen. Es geht eher
darum ein Bild zu zeichnen und hinzusehen. Ich bin 1970 geboren und ich wollte
mal die 5 Jahre vor und nach meiner Geburt anschauen. Es ist für mich eine
Suche nach meinen soziokulturellen Wurzeln. Die Fotoalben meiner Familie wurden
mir mit jedem Ansehen etwas fremder. Ich habe mir immer gedacht, dass das doch
noch gar nicht so lange her ist und dennoch so unheimlich weit weg scheint. Es
ist irgendwie so eine verdrängte Zeit, von der aber in der Mentalität der Leute
noch so viel überlebt hat. So viel hat sich in Österreich seit dem nicht
verändert, man muss sich ja nur das letzte Wahlergebnis ansehen.
A: In dem Sinn ist es dann schon ein analytischer Film. Aber
unser Zugang war weniger ein soziologischer, als ein künstlerischer. Wir waren
einfach dankbar über diese spannenden Geschichten aus der Regionalzeitung. Sie
erzählen natürlich etwas über die Zeit, aber wir wollen dem Zuschauer selbst
überlassen, das zu interpretieren. Es ist uns aber klar, dass der Film eine
Sicht von unten ist und die Perspektive der Opfer einnimmt. Wir wollten nicht
die Leute angreifen, die schon damals in der Zeitung an den Pranger gestellt
wurden. Also analytisch ja, aber nicht mit klarem Schluss oder einer klaren
Aussage, sondern mit der Möglichkeit für den Zuseher selbst Parallelen, etwa
zur heutigen Zeit zu ziehen.
F: Wir sehen uns beide nicht als Meisterdenker berufen, die
dann im Nachhinein aus der Position der Spätgeborenen ein abschließendes und
umfassendes Urteil über eine ganze Epoche fällen. Das steht uns nicht zu.
A: Wir haben dafür immer wieder tolle Rückmeldungen
bekommen. Die Vorstellungen in Österreich waren auch sehr gut besucht und immer
wieder haben uns Menschen geschrieben, die sich zu den Opfern jener Zeit zählen
und die dann gesagt haben: Danke für diesen Film, weil er einen Teil einer
Wahrheit aufzeigt, die in den ganzen nostalgischen Fernsehreportagen nicht
auftaucht.
F: Und in Österreich und sicher auch in Deutschland gibt es
ja in den 70er und 80er Jahren die literarische Tradition des negativen Heimatromans
und wir wollten mit großer Bestimmtheit von Anfang an keinen negativen Heimatfilm
machen. Das wäre zu leicht, da gibt es Blaupausen dazu. Wir wollten auch die
Sonnenseiten zeigen, einfach den normalen Schwebezustand zwischen Sonnen- und
Schattenseite. Ich fand in einer Kritik sehr schön, dass geschrieben wurde,
dass das ganz normale Glück der kleinen Leute gezeigt wird, ohne es ihnen
abzusprechen.
Beim Schauen kam ein
sehr starkes Gefühl für Rhythmus in mir auf. Wie wichtig ist euch das im Bezug
auf Film mit eurem musikalischen Hintergrund?
A: Das ist eine ganz wichtige Ebene, ein Werkzeug, das man
beim Filmemachen zur Verfügung hat. Man ist gut beraten, wenn man sich viele
Gedanken dazu macht. Die Tonspur ist ja per se schon eine ganz wichtige, weil
dort die ganzen Geschichten über Sprecher erzählt werden. Aber für uns war auch
die Musik nochmal ein eigener Recherchezweig. Auf der einen Seite haben wir
Musik einspielen lassen, relativ viel klassische Volksmusik aus der Gegend, die
wir aber auch als sehr schöne Musik wahrgenommen haben. Wir haben uns im Film
darüber auch überhaupt nicht lustig gemacht. Ich hoffe, dass das auch so
rüberkommt. Die Musik bewegt sich zwischen Befremdung und Schönheit. Wir haben
auch Musik von Andreas Kurz, einem Avantgarde-Künstler einspielen lassen und
dann haben wir uns auf die Suche gemacht, was es zu jener Zeit an
Underground-Pop-Musik gegeben hat. Aus dieser großen Masse war es dann viel
Arbeit einen eigenen Rhythmus zu finden.
Ja, bei mir kam dann
ein ganz eindrücklicher hypnotischer Sog auf. Die Erzählstimmen selbst fand ich
sehr spannend. Sie haben die Artikel zwar nicht sarkastisch vorgetragen, aber
man hat ihnen manchmal eine Freude beim Lesen angemerkt, in der Art und Weise
wie Worte ausgesprochen wurden und so weiter. Wie war da die Arbeit für euch?
F: Das entspringt einer akustischen Vorstellung meiner
Kindheit. Die Sonntagnachmittage habe ich immer bei meiner Mutter in der Küche
verbracht und war beim Kochen dabei und da hat sie immer das Lokalradio laufen
lassen. Und da gab es immer die Wunschkonzerte und die sind in so einem ganz
verlogen-freundlichen Tonfall moderiert worden. Und daher wusste ich sofort,
dass die Texte so gesprochen werden müssen. Und tatsächlich sind zwei der
Sprecher pensionierte Rundfunkmoderatorinnen und einer ein lokaler
Schauspieler. Die haben sofort was mit dieser akustischen Assoziation anfangen
können und das dann auch perfekt umgesetzt.
A: Sie haben fantastische Arbeit geleistet. Es hat auch gar
nicht lange gedauert und wir hatten eine sehr kurze, intensive Zeit
miteinander. Sie haben das für sehr wenig Geld aufgenommen. Wir haben danach
noch etwas nachbearbeitet und wir haben natürlich Unmengen an Material, was wir
dann nicht verwendet haben. Einen zweiten Teil werden wir aber trotzdem nicht
machen.
Ich habe mein Review
für Nisimazine bereits vor unserem Interview geschrieben und habe dort euren
Film so ein bisschen in einen österreichischen Kontext gesetzt und zwar hätte
ich euren Film schon-entgegen eurer Aussagen-mit dieser typisch österreichischen
Verachtung der eigenen Vergangenheit, die zugleich eine Form von Patriotismus
ist, gesehen. Vielleicht kommt das aber auch nur bei mir, als Deutschen so an.
Da spielt natürlich auch ein gewisser schwarzer Humor mit rein. Ein wenig hat
es mich dann auch an Stossek 68-86 erinnert. In welcher Tradition würdet ihr
euch denn da sehen?
A: Stossek 68-86 ist natürlich ein ganz toller Film und auch
auf der literarischen Ebene gibt es mit Thomas Bernhard natürlich einen von uns
beiden sehr geschätzten Menschen, der eine solche Tradition vielleicht auch
gegründet hat. Aber es ging uns nicht unbedingt darum groß auf den Tisch zu
hauen, sondern eher herauszufinden, wie ein Alltag zu dieser Zeit war. Aber gar
nicht nach dem Motto, dass wir linken Städter das 2013 alles besser wissen.
F: Ich wohne eh auf dem Land.
A: Also ich kann viel mit diesen „Mach kaputt, was dich
kaputt macht“ Filmen anfangen, aber in erster Linie ging es uns darum nicht.
Und wurde auch mal zugeschrieben-und damit konnte ich sehr viel anfangen-dass
auch eine gewisse Zärtlichkeit in diesem Film zu hören und zu sehen ist. Wir
gehen eben nicht mit dem Vorschlaghammer an das Thema heran. Vielleicht kommen
wir aber mit feineren Werkzeugen zu dem gleichen Schluss. Das müssen andere
herausfinden. Es ist sicher auch kein Happy-Heimatfilm geworden. Der Film tut
auch weh und es war uns von Anfang an klar, dass er wehtun darf.
F: Für mich war das dann im Ergebnis die Bestätigung, dass
wir in Österreich aus so einer unbeholfenen, fehlerhaften Gesellschaft auch
kommen und von denen auch bis zu einem gewissen Grad geprägt sind. Ein Freund
von uns hat bezogen auf den Film Achternbusch zitiert: Diese Gegend hat mich
kaputtgemacht und ich bleibe so lange bis man es ihr ansieht. Darum geht es
aber für mich nicht. Natürlich kommen Leute im Film vor, die von der Gegend
kaputtgemacht worden sind und die trotzdem lange geblieben sind. Auf der
anderen Seite gibt es totales Grauen vor totalitären Verhältnissen, die ja bis
heute noch spürbar sind in vielen Gesellschaftskreisen. Das hatte dann bestimmt
damit zu tun, dass viele damals noch Kriegserfahrung hatten und sich nie
kritisch damit auseinandergesetzt haben oder traumatisiert waren. Aber es ist
auch faszinierend, was es vor 40 Jahren noch an Freiräumen gegeben hat, Dinge,
die nicht reglementiert waren und die heute zu einem absoluten No-Go geworden
sind. Dinge, die man mit dem Auto machen konnte zum Beispiel. Oder auch die
Bilder im Film von spielenden Kindern, die auf mich eine ganz starke Wirkung
haben. Ich selbst war als Kind noch stundenlang unbeaufsichtigt draußen und bei
meinen eigenen Kindern tue ich mir mit ständigem Verantwortungsbewusstsein und wegen
hochgeschaukelter Ängste einfach schwer. Unsere Kindergeneration ist unter
ständiger Aufsicht. Da haben sich viele Dinge im Lauf der Zeit verschoben.
A: Diese Ambivalenz wollten wir eben auch im Film zeigen.
Auf der einen Seite die autoritären Strukturen samt Tonfall in der Zeitung und
auf der anderen Seite diese Freiheiten, die es heute nicht mehr gibt.
Bei mir kommt im
österreichischen Kino einfach auch das Gefühl auf, dass nicht groß um die Themen
herum geredet wird. Ihr sagt immer gleich: Das sind wir. In Deutschland sagt
man gerne: Okay, da ist jemand der ist so, der könnte auch was mit uns zu tun
haben.
A: Der Schmäh spielt da sicher auch noch mit rein.
F: Trotzdem ist die NS-Vergangenheit in Deutschland viel
früher und ehrlicher in Angriff genommen worden als in Österreich.
Abschließend würde
ich mich dafür interessieren wie die Arbeit für euch im Zweiergespann
funktioniert. Wie funktioniert das und streitet ihr ab und an?
F: Wir setzen auf strenge Arbeitsteilung.
A: Das war jetzt unsere zweite Zusammenarbeit. Die ersten
großen Recherche zu Texten und so weiter hat Florian alleine gemacht und hat
mir ein großes Vertrauen geschenkt und diesen Stoff gegeben und gesagt: Mach
einen Film daraus. Dann haben wir immer wieder gesprochen über 3 Jahre. Die Montage
habe ich dann alleine gemacht. Ganz am Ende kam Florian nochmal dazu.
Gestritten haben wir nie. Ab und an habe ich mir Sorgen gemacht, ich wollte
zwischenzeitlich hinschmeißen, ich habe keinen Weg mehr gesehen durch dieses
wahnsinnig viele Material. Aber dann wollte ich Florian nicht enttäuschen und
ich wusste, dass es ein guter Film werden konnte und ich glaube, dass es ein
guter Film geworden ist.
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