Samstag, 14. Januar 2012

Reihe Teil 5- 21 Gramm- Das Ensemble des Schmerzes

Der nächste Film ist 21 Gramm von Alejandro González Iñárritu  aus dem Jahr 2003.




Alleine schon die absurde, vor Kitsch überbohrende, Telenovela-Idee, dass der Mann, der das Herz eines Unfallopfers implantiert bekommt, sich in dessen Frau verliebt, müsste ein Garant für einen schlechten Film sein. Dass es soweit nicht kommt verdankt 21 Gramm, seiner modernen, dynamisch-mexikanischen Inszenierung durch den Ausnahmeregisseur Iñárritu (Amores Perros, Babel, Biutiful), dem genial-verwobenen, fragmentarischen Drehbuch von Guillermo Arriaga und-und deshalb ist dieser Film auch Teil dieser Reihe-einem Schauspielensemble aus einer anderen Welt mit Sean Penn, Naomi Watts, Benicio del Toro, Charlotte Gainsbourg und Melissa Leo unter anderem.





Bislang haben wir uns einzelnen, ziemlich wahnsinnigen Protagonisten gewidmet. In 21 Gramm funktioniert die Identifikation kaum nur über eine Person, sie funktioniert über das Gesamtbild, über die Relation zueinander, über eine post-existentialistische Unmöglichkeit der Kommunikation, die sich aber beim mexikanischen Filmemacher immer auflöst in einer Katharsis, die zumindest vorübergehend die wahrhaftigen Werte des Lebens zum Vorschein kommen lässt. Trotzdem oder gerade deshalb finden wir uns wieder in seinen Charakteren: In ihrem Schmerz.

Ungerechtigkeit
Schicksal
Trauer
Verlorene Liebe
Krankheit
Tod

Hierbei wird keine leichte Kost transportiert. Dennoch gibt es Humor. Es liegt eine ungeheure Menschlichkeit im Verhalten der Charaktere. Die unbeholfenen Annäherungsversuche von Sean Penn’s Charakter, der mit charmanten Bemerkungen versucht sympathisch zu wirken, wo er doch psychopathisch wirken könnte. Der ein Arschloch und ein Engel gleichermaßen ist. Benicio del Toro’s Hiob-Charakter, der sein Leben umgekrempelt hat, um sich Jesus zu verschreiben, aber dann in seinem Glauben enttäuscht wird. Der die Bibel als Anleitung für Introvertiertheit liest, statt die eben so essentiellen Werte wie Familie und Liebe herauszufiltern. Gewissermaßen hat  Iñárritu mit Biutiful ein Spin-Off dieses Charakter’s gedreht: Javier Bardem als Uxbal.



Naomi Watts liebende, trauernde, verzweifelte Mutter, die sich in Drogen flüchtet, die sich in ihre Vergangenheit zu retten versucht, die sich Rache wünscht.

Keine schwarz-weiß Malerei, sondern echte Menschen und darin können wir uns wiederfinden, deshalb funktioniert dieser Film trotz allen Abgründen und Tiefen, aller Schwärze und Hoffnungslosigkeit, die sonst von so vielen Kinobesuchern verabscheut wird. (wie die Zuschauerzahlen zeigen) Für diese Art des Spiels braucht es Ausnahmeschauspieler. Einen herauszugreifen wäre falsch. Insbesondere im Kopf bleibt mir die Szene, in der Naomi Watts vom Tod ihrer Familie im Krankenhaus erfährt. Im Hintergrund ist Clea DuVall zu sehen, die die beste Freundin spielt. Sie kämpft einen Augenblick und muss dann fürchterlich weinen. Dieser Moment geht mir näher, als vieles andere im Film. Eine ähnliche Szene gibt es in Magnolia von Paul Thomas Anderson mit Philip Seymour Hoffman, der auch-eigentlich als Zuseher-fürchterlich ergriffen wird und weinen muss. Diese Charaktere, das sind wir. Der Zuschauer, der weinen muss. Warum? Weil wir wirklich involviert worden sind. Wenn schon Gefühl, dann echt.









Weitergehen wird es mit Blood Diamond und Leonardo DiCaprio.

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