Freitag, 7. März 2014

The Grand Budapest Hotel von Wes Anderson



Die durchkomponierten Spielzeughäuser von Wes Anderson sind ein derart abgeschlossenes Universum, dass mich langweilen könnte, darüber zu schreiben. Nun also in Lubitsch-Manier ein ungarischer Ausflug, „The Grand Budapest Hotel“ mit deutschem Flair, in deutschen Landen gedreht, alles ist bunt, wobei es durch einen historischen Anstrich durchaus reduzierter bunt zugeht als beispielsweise in Indien oder unter Wasser, und Kamera, Musik und Schnitt bewegen sich wie Pointen durch eine von schnellen (und man ahnt es, pointierten) Dialogen überfluteten Welt.

Dort ist Gustave H., in einer hinreißenden Liebenswürdigkeit von Ralph Fiennes gespielt, romantische Gedichte rezitierend und mehr als Call-Boy für ältere Damen in seinem Hotel denn als tatsächlicher Hotelbetreiber fungierend, ein menschlicher Mensch. In Boxen gepackt der Rest, der wie gewohnt absurden Ereignisse rund um ein Erbe und einen Lobby-Boy, eine Rahmenhandlung gibt es auch und dann gleich noch eine; erzählerische Dekadenz und immer die Frage nach dem: Wie lange hat man als Kind mit Puppen oder Playmobil am Stück gespielt, bis man es als langweilig empfand? 10 Minuten? 


Aber nein, doch nicht mit dem Lobby-Boy. Anderson schafft viele eigenwillige Comicfiguren, die wie alles in seiner Welt eindimensional einem einzigen Zweck dienen und diesen habe ich noch nicht herausgefunden, vielleicht Skurrilität. Jedenfalls muss man durchaus lachen, aber durch eine feinfühlige Charakterzeichnung vermag es der Retro-Hipster, der Regie wie eine Mathematik der Unterhaltung zu betreiben scheint, zu schaffen, dass man sich um den einen oder anderen Stereotyp durchaus sorgt, denn liebenswert ist irgendwie alles.

Kamera fährt, Kamera schwenkt, Kamera steht. Und mit jedem Schnitt könnte ein neuer Lacher entstehen, wäre da nicht diese Strangeness und zeitweilige Härte, die den Film vor schlimmeren bewahrt. Erzählkunst, die sich womöglich nicht immer in Filmkunst übertragen lässt, aber die eben erzählerisch fesselt, denn ein in sich stimmiges und atmosphärisches Universum hat Wes Anderson erschaffen, einer Geschichte vor dem Kamin gleich, ein Abenteuer, eine Liebe, eine Message und gleichzeitig nichts davon und alles doppelt.

Symmetrie, ja, man kennt sie bereits. Menschen stehen gerne in der Bildmitte herum, sie werden von zwei identischen Objekten gerahmt. Die Kamera bei Anderson steht im Wasser, wie man so sagt, also das Bild ist nicht schief. Edward Norton schaut einen langen Moment in die Kamera als er feststellt, dass die Gefangenen ausgebrochen sind. Er sagt uns: Ah, Sie erinnern sich? In „Moonrise Kingdom“ habe ich dieselbe Rolle gespielt, nur besser, obwohl mir der Film mit den Pfadfindern schlechter vorkommt, aber das kann ich nicht beurteilen. Wes Anderson ist nicht interessiert an der Welt, sondern nur an seiner Sicht auf die Welt, seiner schrulligen Sicht. Und diese zitiert sich selbst, seit er begonnen hat Filme zu drehen.


Aber natürlich sehr intelligent, immer himmelweit über dem Geschehen, ein klassischer, ein guter Erzähler. Er malt ein Bild von einem historischen Europa, manchmal versucht er es mit politischen Anklängen, lieber nicht, wenn dann pointiert. Es gibt Trickaufnahmen, alles ist schön, ja. Jemand rennt über ein Dach, und hui, die Menschen fahren aber schnell mit dem Schlitten. Kinderfilme für Erwachsene, nur dass Kinder keine Freude an der formellen Selbstverliebtheit haben dürften. Das Casting ist eine Augenweide, und Anderson ist ein zurückhaltender Regisseur, was seine Schauspielführung betrifft (nicht, was seine Montage betrifft) und er findet schöne, stille Momente in all dem konstruierten Wahnsinn.

Wenn Anderson eine Sache mit Sicherheit verstanden hat, dann ist es seine eigene Filmographie. Bei ihm ist jeder Film eine Antwort auf die vorherigen Filme. Manierierte Oberflächlichkeit und das Gefühl eines Frühlingsgedichts in der Zeitung. Schön, dass es schön ist.


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