Text: Rainer Kienböck
Meine
Streifzüge durch die Wiener Kinolandschaft führten mich diese Woche in ein
Co-Working-Space (einer dieser fancy Orte, wo man als Graphic Designer oder
App-Programmierer einen Arbeitsplatz mieten kann, um sich dann in
Wohnzimmeratmosphäre mit gleichgesinnten Hipstern seinem Tagewerk zu frönen) in
Hütteldorf (einem Stadtteil Wiens, der sich, gelinde gesagt, weg vom Schuss
befindet).
Dort
veranstaltete das Filmarchiv Austria (filmarchiv.at) ein Filmscreening im
Rahmen ihres „Kino der Orte“-Projekts. Anders als in den vergangenen beiden
Jahren, als Orte aufgesucht wurden, an denen man Kino normalerweise nicht
vermuten würde, werden diese Jahr sieben ehemalige Spielstätten, die nunmehr
als Sex-Kinos, Schuhgeschäfte oder eben Büros dienen, wieder für zwei Abende
bespielt. In meinem Fall handelte es sich um das frühere Kino Baumgarten (auch
Baumgartner Bio-Theater und Baumgartner Lichtspiele). Vom ehemaligen Kinosaal
ist nicht mehr viel zu erkennen – kaum vorstellbar, dass hier vor 60 Jahren 574
Kinogänger Platz fanden. Das Kino schloss 1966, einzig die Balkone zu beider
Seiten des Saals sind noch aus dieser Zeit erhalten. Behelfsmäßig hat man
Lautsprecher aufgestellt – Büro- und Gartensessel dienen als Bestuhlung – auch
Kassa und Barbetrieb sind improvisiert.
In dieser
hippen Umgebung wird Giuseppe Tornatores „L’Uomo delle Stelle“ aufgeführt, ein
Film, der sich mit dem Filmemachen auseinandersetzt – wie so viele Filme in der
Reihe. Die Kuratoren der Programmreihe, Thomas Ballhausen (der mir danach noch
Rede und Antwort stand) und Karin Moser, haben bewusst Filme ausgewählt, die
sich mit dem Kino auseinandersetzen. Der erste „Ort des Kinos“, das ehemalige
Eos-Kino auf der Landstraßer Haupstraße wurde mit Tornatores „Nuovo Cinema
Paradiso“ wieder zum Leben erweckt. Im Baumgartner Bio-Theater konnte man diese
Woche noch Woody Allens „Purple Rose of Cairo“ sehen.
Diese
Thematisierung des Kinoraums, das Zurückweisen einer rein inhaltlichen
Diskussion von Film und Kino imponiert und gefällt mir – das gebe ich offen zu.
Als Wermutstropfen bleibt, dass der Film in deutscher Fassung, in digitaler
Version gezeigt wurde – eigentlich ein Sakrileg diese heiligen Hallen so zu
bespielen, doch der praktischen Umsetzbarkeit geschuldet. Gerade ein Film wie
„L’Uomo delle Stelle“, der so stark die filmische Materialität behandelt,
bleibt aber ein fader Beigeschmack. Ich verstehe die Entscheidung – anhand der
herrschenden Lichtverhältnisse und ohne Projektionskabine und anderen
technischen und räumlichen Einschränkungen wäre ein analoges Bespielen wohl
unmöglich gewesen, die deutsche Fassung zu zeigen war trotzdem ein Affront –
meine einzige Erklärung dafür ist die Demographie des Publikums.
Den
gezeigten Film will ich eigentlich gar nicht näher besprechen, nur so viel: Ich
hätte Tornatore solch ein grimmiges Ende gar nicht zugetraut. Thematisch passte
der Film, wie gesagt, ausgezeichnet ins Programm: Es geht um einen Betrüger,
der sich als Talentscout einer Produktionsfirma ausgibt und ein sizilianisches
Dorf nach dem anderen abzockt, in dem er den Bewohnern Ruhm und Geld verspricht
und sie für Probeaufnahmen bezahlen lässt. Der Traum der Filmkarriere im
Filmtraum, der im Trauma endet.
Aber nicht
nur thematisch war der Film eine gelungene Wahl. Bei solchen Programmen ist
auch das Publikum in Betracht zu ziehen. Dieses war alt genug um die letzte
Vorstellung im ursprünglichen Theater noch miterleben hätte können und
tatsächlich habe ich am Eingang einer älteren Dame zugehört, die angab als Kind
mit ihrer Mutter in diesem Kino gewesen zu sein – ihre Gesprächspartnerin war
eine geschätzte Endzwanzigerin, die in dem Co-Working-Space arbeitet.
Damit
erfüllt das Projekt auch seine Funktion als sozialer Raum, der unterschiedliche
Menschen zusammenbringt. Auch das ist laut Thomas Ballhausen ein Beweggrund für
die Initiative – dem Kino seine zentrale, soziale Rolle der vergangenen
Jahrzehnte zurückzugeben. Das Kino soll als ambulante Form und als Ort
thematisiert werden und ein historischer Diskurs soll entstehen und der
inhaltlichen Fixierung, der cinephile Kreise so starke prägt, etwas
entgegenwirken.
© St. Balbach Art Produktion 2014 |
Für
Interessierte habe ich hier das weitere Programm aufgelistet:
Kino der
Orte 3: Fortuna Kino
26.3. „Dèmoni“
von Lamberto Bava (Vorfilm: „Lumière: Premonition Following an Evil Deed“ von
David Lynch)
27.3.
„Berberian Sound Studio“ von Peter Strickland
Kino der
Orte 4: Kaiserappartments in der Hofburg
9. und 10.4.
Kurzfilmprogramm mit Filmen der Société Lumière und Besichtigung der
Kaiserappartments
Kino der
Orte 5: Metro Kino (das sich gerade im Umbau befindet)
25.4.
Kurzfilmprogramm von österreichischen Filmzeugnissen der 1910er Jahre
26.4.
„Phönix an der Ecke“ von Peter Patzak
27.4.
„Himmel oder Hölle“ von Wolfgang Murnberger (Vorfilm: „Carmen“ von Anja
Salomonowitz)
Kino der
Orte 6: Phönix Kino
21.5. „Prix
de Beauté“ von Augusto Genina (Vorfilm: „Die Filmprimadonna“ mit Asta Nielsen)
22.5.
„Sunset Blvd.“ von Billy Wilder
Kino der
Orte 7: Camera Kino (Währinger Bürgertheater)
25.6. „The Last Picture Show“ von Peter Bogdanovich
26.6.
Kurzfilme von D.W. Griffith, Gustav Trautschold, Buster Keaton und Guy Maddin
Hab noch nicht ganz durchschaut, worum's hier geht, aber ich glaube, das ist eine gute Sache! Wir veranstalten Ende März (29.03.) eine Filmnacht in der Manege! Buffet, Popcorn, viele Kurzfilme, Kinoatmosphäre und gute Laune!
AntwortenLöschenIch dachte, das passt dir vielleicht ins Konzept! Wenn nicht - betrachtet diesen Beitrag bitte als nichtig.
glg,,