Heute Morgen fand ich mich zum Interview mit Corneliu
Porumboiu ein, einem anerkannten Meister des Absurden, der einmal gesagt hat,
dass die Rumänen das Absurde erfunden hätten. Um 10 Uhr war ich dort und nach
15 Minuten kam man zu mir und sagte mir, dass er sich um eine Stunde verspäten
würde. Er hatte verschlafen. Eine absurde Situation, in die mich Herr Porumboiu
da versetzte. Ich saß etwas hilflos auf dem Sofa im Pressezimmer, da kam
plötzlich Matt Johnson, der Regisseur aus „The Dirties“ um die Ecke und fragte
mich „Are you a filmmaker?“. Dann hörte ich zu wie dem großartigen Jonathan
Rosenbaum über eine lange Zeit anhand diverser Karten der Weg zum Festivalzentrum
erklärt wurde. Kurz raus an die Sonne, dachte ich bei mir und lief schon wieder
Klaus Lemke und seinem Zirkus über den Weg. Das Hilton war ganz wie das Hotel
in „Tystnaden“ von Ingmar Bergman, nur die Nacktheit fehlte (noch). Hans Hurch
ging dreimal im Kreis umher und Joshua Oppenheimer hatte große Schwierigkeiten
mit dem Kaffeeautomaten. Der offizielle Fotograf der Viennale fotografierte mit
Schal alles und jeden vor irgendwelchen Wänden. Schließlich kam Porumboiu und
trotz seiner offensichtlichen Müdigkeit und dem Stress war er ein äußerst
tiefgehender und guter Gesprächspartner.
„Class Enemy“ von Rok Bicek wurde ziemlich gefeiert vom
Publikum und ich konnte mich dem nicht so ganz anschließen. Es geht um eine
Schulklasse, die gegen ihren autoritären Lehrer rebelliert nachdem sich eine
Klassenkameradin umgebracht hat. Zwar wirft der Film einige interessante Fragen
bezüglich Erziehung und Ethik auf, aber dazu kann ich entweder in eine
Philosophie-Vorlesung gehen oder irgendeine kritische Zeitung durchblättern.
Wilde POV-Wechsel, unmotivierte Schnitte und ein konstruiertes Themengerüst,
das sicherlich interessant ist, nicht aber filmisch. Ästhetisch hat der Film
einfach alles von „Entre les murs“ von Laurent Cantet geklaut und immer mal
wieder bringt er auch ein wenig „Monsieur Lazhar“ mit ins Spiel. Jump-Cuts und
Achsensprünge um machtlose Lehrer herum, die vor überbelichteten Fenstern
nachdenken, kurze prägnante Eindrücke von Schülern, das Nicht-Verlassen des
Gebäudes. Alles schon gesehen, nicht lange her, weitaus besser gemacht. Im
Q&A ging es dann solange über irgendwelche Publikumsreaktionen in der
Slowakei und die Selbstmordrate in Österreich, dass ich kurz die Verbindung zur
Viennale verlor. Aber da stand plötzlich wieder der Fotograf mit Schal neben
mir und knipste munter Bilder und mir wurde klar, dass mein Leben doch wieder
absurd war. Spätestens als ich meine Besprechung zu Porumboius Film erweiterte
und übersetzte, um dann festzustellen, dass ich dieses Review gar nicht
schreiben muss.
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