Manchmal hat man es sehr eilig auf einem Festival. So ging
es mir heute nach oder besser gesagt während des Screenings von „Like Father,
Like Son“ von Hirokazu Koreeda. Ich hatte ganze 10 Minuten, um mit dem Rad vom
Urania-Kino zum Künstlerhaus zu kommen, um dort meine Karte für „Când se lasa
seara peste Bucuresti sau metabolism“ von Corneliu Porumboiu abzuholen. Und ich
danke der Polizei, dass niemand mich wegen Überfahrens einer roten Ampel
aufgehalten hat. Das eigentlich traurige daran, was mir immer wieder negativ
aufstößt ist, dass man keine Zeit hat die Filme wirklich auf sich wirken zu
lassen. Es wird recht schnell zu einem einheitlichen Brei, den man da isst, ein
regelrechter Konsum, der geprägt wird von Abgabestress, der Angst etwas zu
verpassen und der steigenden Irrelevanz des individuellen Films. Also stürmte
ich am Ende des interessanten, manchmal guten, aber meistens sterilen und steifen
Themenfilms „Like Father, Like Son“ aus dem Kino. Am Anfang hatte er mich mit
seinen interessanten Figurenkonstellationen und seiner mehr als spannenden
Ausgangsposition einer Familie, die erfährt, dass ihr sechsjähriges Kind nicht
ihr biologisches Kind ist, gefesselt. Bei der Geburt wurden Kinder vertauscht
und nun beginnen die beiden Familien sich regelmäßig zu treffen, um über einen
etwaigen Rücktausch nachzudenken. Aber mehr und mehr werden die lebendigen
Charaktere zu Stereotypen unterschiedlicher Auffassung von Erziehung. Man hat
fast das Gefühl in einer ernsteren Variante von „Meet the Parents“ zu sitzen
und schließlich fokussiert sich der Film ganz auf eine zum Teil mit albern symbolischen
Bildern unterstützte Abhandlung über die Wichtigkeit von Blutsverwandtschaft
und Erziehung. Die schönen Momente sind jene der Entfremdung, wenn die Eltern
versuchen Kontakt zu ihren biologischen Kindern aufzubauen. Es gibt Anklänge
von „A.I. – Artificial Intelligence“ von Steven Spielberg und man beginnt sich
zu fragen, was ein Regisseur wie Giorgos Lanthimos mit einem solchen Stoff
gemacht hätte.
Dagegen hat mich „Când se lasa seara peste Bucuresti sau
metabolism“ voll überzeugt. (Meine Besprechung) Nach dem Screening stand
Porumboi für ein Q&A bereit und gab Einblicke in seinen Arbeitsprozess. Der
Film sei in erster Linie persönlich, aber natürlich auf keinen Fall
autobiografisch. Viel Zeit würde er ins Casting investieren und er versucht
auch viel zu Proben. Dennoch drehte er manche seiner langen Szenen bis zu 20-mal.
Er sei sich der komödiantischen Aspekte seiner Filme absolut bewusst und in
dieser Mischung aus Drama und Ernst würde sich wohl seine eigene Persönlichkeit
spiegeln. Die hohe Qualität des rumänischen Kinos der letzten Jahre hat für ihn
etwas mit der Leidenschaft für das Kino unter seinen Kollegen zu tun. Ein sehr
interessanter Aspekt, wie ich finde, der den Fokus von der Politik hin zur Filmpolitik
legt und irgendwie auch seinen eigenen Film unterstützt. Das Wissen vom Kino
und die Leidenschaft dafür als Ausgangspunkt fürs Filmemachen. Vor dem Kino
erwartete mich dann noch ein besonderes Highlight. Aus einigen Limousinen
stiegen Cast und Crew von Klaus Lemkes „Kein
grosses Ding“ samt dem Regisseur selbst. Ein Zirkus bot sich vor mir auf, der
wohl direkt aus dem Film selbst stammen könnte. Sie kletterten über Zäune,
sprangen auf den Bahnschienen herum, schrien, tanzten, küssten sich und Klaus
Lemke, in der Dunkelheit Wiens mit Sonnenbrille, grinste lässig cool. Im
Hintergrund ging Corneliu Porumboiu mit dicker Jacke nüchtern vorbei.
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