Montag, 10. Oktober 2011

Reihe Teil 1:The Score-Edward Norton


In dieser Reihe geht es weder um eine Kritik, noch um eine detaillierte Besprechung der Filme. Es geht um Assoziationen und Beobachtungen und den Versuch am Ende Gemeinsamkeiten festzustellen:

The Score ist ein amerikanischer Kinofilm von Frank Oz (In&Out,Die Frauen von Stepford u.a.) aus dem Jahr 2001. 
Wie der Titel schon erahnen lässt, handelt es sich um einen Heist-Movie. Also die Planung und Umsetzung eines Verbrechens. Filmgeschichtlich wird er vor allem deshalb in Erinnerung bleiben, weil es sich um den letzten Film der Schauspiellegende Marlon Brando handelt.



Dieser Film ist Teil einer Reihe von Filmen, die durchaus mit dramaturgischen oder inszenatorischen Schwächen behaftet sind (mal mehr und mal weniger), die aber vom Großteil des jungen Publikums sehr geschätzt wird. Warum ist das so? In Gesprächen mit den „Fans“ dieser Filme und über die Beobachtung der letzten Jahre bin ich zum Entschluss gekommen, dass es immer an einzelnen Protagonisten in Filmen liegt, mit denen man sich, gerade im jungen Alter, extrem identifizieren kann, weil sie rebellieren, weil sie anders sind, weil sie cool sind, aber genauso auch weil sie verletzlich sind, weil sie neurotisch sind usw. Eben alles, was wir auch sind oder gerne sein würden. Natürlich ist dies keine neuartige Entwicklung, das Starsystem des frühen Hollywoods oder der Nachkriegszeit hat diesen Faktor der Identifizierung schon immer auszunutzen gewusst. 

Allerdings behaupte ich, dass sich eine Verschiebung dieser Starschauspieler hin zu Starprotagonisten gegeben hat. Kaum einer hängt sich Heath Ledger an die Wand, auf den Postern ist „Der Joker“. Kaum einer kennt Audrey Tatuou, aber alle kennen Amélie Poulain. Es sind heute Charakterdarsteller, wenn auch in großen Produktionen, die die Massen begeistern. Wenn ein Tom Cruise einen Actionfilm macht, dann schafft er es nicht (selbst wenn er nicht schlecht spielt), dass man beim Zusehen nicht Tom Cruise sieht. Er schafft es nicht einmal, dass man Tom Cruise in sagen wir Mission Impossible oder in Day and Knight sieht; man sieht lediglich Tom Cruise. Bei Di Caprio ist es so, dass man ihn zwar immer wahrnimmt, aber ähnlich wie beim großen De Niro der 70er und 80er Jahre immer auf seine Rolle bezogen: Es gibt einen Di Caprio in Departed und einen in Zeiten des Aufruhrs etc. Tom Cruise ist sicherlich nicht das einzige Opfer dieser Veränderung. (Jim Carrey, Bruce Willis, Samuel L. Jackson,…) Diese Schauspieler haben ihre Fans und auch ihre Berechtigung, aber sie haben kaum mehr das Potenzial mit ihrem Auftreten einen Film aufzuwerten. 


The Score ist insofern ein gewagtes Beispiel, weil an dieser Stelle ( der Edward Norton-Stelle) eigentlich Fight Club stehen müsste. Allerdings ist Fight Club ein für ein junges Publikum konzipierter Film und daher finde ich die Erscheinung bei The Score viel interessanter. Betrachtet man den Film nämlich in aller Ruhe kommt man zum Entschluss, dass es ein Abgesang auf die Forschheit der Jugend ist, eine Mahnung zum Respekt, eine Würdigung der Erfahrung und für den Erwachsenen Zuschauer wichtige und banale Erkenntnis: „Wir haben es den Jungen nochmal gezeigt.“  Schon der Cast mit seinen 3 Generationen an Charakterköpfen (Brando, De Niro und Norton) weißt mehr als deutlich auf diesen Konflikt der Generationen hin. Und auch wenn De Niro und Brando Legenden sind und De Niro im Zentrum der Handlung steht, so ist es doch Edward Norton, der die Faszination an The Score ausmacht. Er könnte auch „der Unerfahrene“ sein, der einfach noch lernen muss…aber das ist er auf keinen Fall. 

Vielmehr ist er 
der Aufstrebende, 
der Überambitionierte, 
aber auch der Begabte, 
der Forsche, 
der Rebell.  


Früher war das De Niro. 



Und noch früher war das Brando. 



Und wir lieben das im Kino. Interessant nur, dass es heute auch in durchschnittlichen Filmen funktioniert und dass der Charakter nicht mal mehr im Zentrum stehen muss. Das Drehbuch leistet sich einige Ungereimtheiten und es wird hier und da gefilzt, weil filzen ziemlich cool kommt, aber eigentlich hirnrissig ist. Marlon Brando ist auch nur körperlich präsent und könnte von den meisten älteren Semestern im Schauspielbusiness so gespielt werden. De Niro ist der Hauptcharakter, der mit einer klassischen „last job because of the woman“ Thematik an die Sache rangeht. Er spielt angenehm zurückhaltend und liefert noch eine der besseren Leistungen seiner 00er Jahre ab. Aber bleibt man mal ehrlich, dann entfaltet sich der Film (neben den genreüblichen, klassischen Routineszenen, wie das Abwarten auf das Ausschalten der Kamera etc) in genau 5 Momenten:

1.       Edward Norton spricht De Niro auf der Straße an und spielt dabei zwei Rollen
2.       Edward Norton provoziert zwei Hacker bei einer Geldübergabe im Stadtpark
3.       Edward Norton lässt De Niro zappeln, als dieser in den Seilen hängt
4.       Edward Norton zeigt sein wahres Ich kurz vor Schluss
5.       Edward Norton erkennt die Wahrheit ganz am Schluss

(Das ist natürlich ein subjektiver Überblick)





Alles Edward Norton. Natürlich kann man diese Schauspielmomente auch der Regie zurechnen. Es ist auch nichts Neues gewesen, was Norton hier gemacht hat. Dass er zwei Charaktere in einem Film und in einer Person spielt ist bei ihm schon fast üblich. (Zwielicht, American History X, Fight Club(?), Down in the Valley,..) Sind wir also eine Generation der Schizophrenen?



Und es ist trotzdem nicht Edward Norton, es ist Edward Norton in “The Score”, den wir da sehen; Jack Teller. Er schafft Momente der Identifizierung und obwohl er im Endeffekt ein Verlierer ist, so ist er doch der Gewinn für den Film, weil es uns Zuschauern heute nicht mehr wichtig ist, ob ein Protagonist moralisch richtig handelt und ob er am Ende als Sieger dasteht. Was heute interessiert sind die Szenen, die er uns gibt. Die Handlung und das sehr anregende Setting sind völlig belanglos hinter diesem Charakter, der den Film trägt, der ihn auf einen höheren Status für den Zuschauer hebt, weil er sich nicht an die Handlung erinnern wird, sondern an Szenen mit Edward Norton. Ob das immer so richtig ist, sei dahingestellt…es ist aber das, was die Masse in diesem Fall begeistert.

Edward Norton hat lange nicht mehr den Status als Schauspieler, den er um die Jahrhundertwende genossen hat. Aber dieser Film trägt seine Handschrift, die Handschrift eines Schauspielers, der mehr sein möchte als nur ein Charakter.

Ob wir ein Muster finden werden bei der Betrachtung der 10 Filme lässt sich jedenfalls noch nicht sagen...

Trailer:



Vergleichbarer Filmklassiker: Lautlos wie die Nacht ( Henri Verneuil )

Vergleichbarer moderner Film: Inside Man (Spike Lee)


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