Dienstag, 24. Januar 2012

Reihe Teil 6- Blood Diamond-Leonardo DiCaprio

Als nächstes nun also Blood Diamond von Edward Zwick aus dem Jahr 2006.




Auffällig bei diesem Film sind zwei Dinge. Seine große Beliebtheit bei allen Zusehern, die mit der Aussage „So müssen Filme sein. Der ist unterhaltsam und hat Inhalt“ verbunden ist und die Feststellung, dass Leonardo DiCaprio ja ein „richtig guter“ Schauspieler ist, der sich verändert hat und endlich auch harte Jungs spielen kann. Beide Feststellungen sind gelinde gesagt fragwürdig.



Die politische Message bezüglich der Diamantenindustrie und ihren grausamen Folgen, die der Film mit sich trägt, ist sicher nicht zu leugnen. Es ist ihm auch hoch anzurechnen, dass er in den entsprechenden Szenen nicht vor Brutalität zurückschreckt. Allerdings dient das am Ende doch alles, als recht löchriges Cover für einen reinen Unterhaltungsfilm, eine actionreiche Diamantenjagd vor einem ungewöhnlichen und atemberaubenden Setting mit bombastischer Musik, einer mit scharfen Dialogen geschliffenen Liebesgeschichte, einer Leuterung des Helden, die schon die Frage nach der Blindheit, mit der dieser bislang durch seine Heimat gegangen ist, aufwirft; ein Indiana-Jones artiges Filmgebilde also, das sich eben statt übersinnlichen Elementen an der harten Realität bedient. Wenn man so will, ist Blood Diamond also der unehrliche, kleine Bruder von Spielbergs großer Abenteuersaga. Und es gibt nur einen Grund, warum man diese Unehrlichkeit vergisst: Leonardo DiCaprio als Danny Archer.



Alles an ihm ist authentisch. Er spricht mit rhodesischen Akzent, geht durch diese Welt, als hätte er noch nie etwas anderes gesehen. Er hat gelernt seine Einsamkeit zu verbergen, er ist Zyniker. Man kann seine ganze Geschichte in seinem Körper lesen. Eine Performance für die Ewigkeit zwischen Angriffslust und verletzter Seele, die dem Superstar wie auf den Leib geschrieben ist. Besonders beeindruckend ist dabei der Balanceakt-und dieser hebt den Film auf ein höheres Level- zwischen sympathischem Glücksritter und selbstverliebtem Arschloch. Seine Darstellung ist ehrlich und deshalb finden wir uns in ihr wieder. Er hat die Hoffnung schon aufgegeben, eigentlich ist seine Reise nur eine Reise in den Tod. Er glaubt nicht daran den schwarzen Kontinent jemals verlassen zu können. Mit dem Opfer, das er am Ende des Films bringt, tut er vielleicht eine der wenigen guten Taten seines Lebens. Aber man glaubt an seine Aufrichtigkeit. Er ist

Egozentrisch

Selbstbemitleidend
Draufgängerisch
Zynisch
Hoffnungslos

Und dennoch voller Energie? Er klammert sich an etwas, das ihn aus seiner Welt entkommen lassen könnte, aus seinem Gefängnis. Etwas, dass es nicht gibt, etwas dass er nicht haben kann. So wie die Rache in 21 Gramm, das Zepter in The Score, die Perfektion in Black Swan, die Liebe zu einer Gummipuppe in Lars und die Frauen. Nur Christian Bale in American Psycho hat dieses Etwas nicht; er ist schon lange darüber hinaus? Der moderne, uns faszinierende Kinocharakter greift also nach den Sternen. Nach wie vor ist das der Stoff aus dem Filme sind: Träume. Nur heute wissen wir (zumindest manchmal), dass es eben nur Träume sind. Und genauso geht es den Charakteren, DiCaprio ist ein Verbündeter mit dem Zuseher. Wir verstehen ihn, weil er uns zu verstehen scheint.





Das führt auch schon zum vielerorts besprochenen Wandel des Schauspielers. Ein Wandel, der-wenn man seine Karriere mit derselben Ehrlichkeit betrachtet, mit der er an seine Rollen herangeht- schlicht und ergreifend keiner ist. Es hat sich schon immer so angedeutet. DiCaprio hat von Beginn Draufgänger gespielt, harte, aber verletzliche und sensible Charaktere. Er war schon immer gefährlich, unberechenbar und in der Lage den Zuschauer in Sekunden auf seine Seite zu gewinnen, um ihn dann zu schockieren. Viele sagen heute, dass die viermalige Kollaboration mit Regielegende Martin Scorsese (Gangs of New York, Aviator, Departed, Shutter Island) aus dem Teenieschwarm Leo, den ernstzunehmenden Schauspieler DiCaprio gemacht hat. Es hat sicherlich keinem der beiden geschadet, dass man sich gefunden hat und derart tolle Arbeiten produziert hat, aber ein herausragender Schauspieler war DiCaprio schon immer. In Filmen wie This Boy’s Life von Michael Caton-Jones oder Gilbert Grape von Lasse Hallström kann man einen grandiosen jugendlichen Schauspieler bewundern.

This Boy's Life


Titanic von James Cameron etablierte dann ein Image rund um DiCaprio, das mit dem von heutigen Nachwuchsstars wie Robert Pattinson vergleichbar ist. Wenn man es sich genauer überlegt eine absolute Ungerechtigkeit. Erstens ist die Darstellung von Jack Dawson meilenweit von hölzernen Vampiren entfernt und zweitens hatte man es schon mit einem gestanden Schauspieler zu tun. Dass er trotz fast gleichzeitig erscheinenden Filmen wie Romeo&Julia von Baz Luhrmann oder Der Mann mit der eisernen Maske von Randall Wallace in der Lage war sich dieses Images zu entledigen, deutet nicht auf einen Wandel hin, sondern schlicht und ergreifend auf seine Klasse. Sein unberechenbares, vielschichtiges Spiel in The Beach von Danny Boyle läutete  ein Jahrzehnt ein, das ihn zum größten Schauspieler Hollywoods avancieren ließ.

The Beach

Seine größte Stärke liegt darin, dass man in seinem Spiel immer zugleich die Rolle, als auch DiCaprio selbst sieht. Diese Fähigkeit zeichnete auch schon Robert De Niro aus (im Gegensatz zum Beispiel zu Tom Cruise, der häufig nicht mehr in der Lage ist zu seiner Rolle zu werden, weshalb man in seinen Filmen immer nur Tom Cruise sieht). Es ist ein Eins werden mit der Rolle ohne seine eigene Charakteristik dabei zu vergessen. Die Folge davon ist Präsenz. Eine Präsenz, die mit jeder weiteren Rolle noch größer zu werden scheint.


Shutter Island
Natürlich ist Danny Archer in Blood Diamond ein härterer Charakter, als man das von Di Caprio bis dato gewohnt war. Inzwischen spielt er auch häufig in actionbetonten Filmen. Aber seine Vielfältigkeit wird er nicht verlieren, denn entweder taucht er immer wieder auch in Dramen wie Zeiten des Aufruhrs von Sam Mendes auf oder er nimmt diese Vielfalt einfach mit in seine Actionstar-Rollen und macht die Filme damit besser, als sie eigentlich sind.




Als nächstes The Dark Knight und Heath Ledger.

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